Jongleurin der Disziplinen
Katrin Greiling

Sie ist eine Geschichtenerzählerin mit Hang zur Poesie: Wenn es darum geht, Moderne und Tradition zu verbinden, scheint Katrin Greiling eine Magierin: hier mit Farbe tupfen, dort neue Stoffe einsetzen und schon entsteht Überraschendes.

Die Gestalterin mit dem Faible für Haptik, Farbe und Stoff, die für Tecta zum Beispiel Gropius Direktorensessel transformierte, entwirft nicht nur Alltagsgegenstände, sondern auch ganze Innenräume.

„Eine Wohnung ist quasi wie ein Setzkasten für das Leben, das dort stattfinden soll.“

So zeitlos wie möglich, aber nicht langweilig, ist das Motto von Katrin Greiling. „Wenn ich mit Grundrissen arbeite, ist mein erster Schritt zu analysieren, von wem und wie eine Wohnung benutzt wird“, erzählt die Designerin, die auf der schwedischen Insel Öland Möbelschreinerei und Tischlerei lernte und in Stockholm das Studium Möbeldesign und Innenarchitektur an der renommierten Hochschule für Design, Kunst und Handwerk, Konstfack, anhängte. Nach Arbeiten in Dubai und Stockholm hat sie heute ihr eigenes Studio in Berlin. Hier gestaltet sie, nordisch inspiriert, funktional Schönes, schert sich nicht um Grenzen zwischen Möbeldesign, Innenarchitektur oder Artdirektion, sondern jongliert mit den Disziplinen, entwickelt schwungvoll Neues – und traut sich was.

Wie auch beim Umbau einer Berliner Wohnung, die sie gerade fertigstellt. Die Bauherren wünschten sich die Wohnung moderner und großzügiger, ein Mehr an Aufenthaltsqualität mit der Option, auch mal Freunde einzuladen. Das alles nicht auf 120 Quadratmetern Altbau, sondern auf der überschaubaren Hälfte. Insofern: eine Herausforderung wie für Greiling gemacht.

Die Gestalterin versetzte Trockenbauwände, so leicht als wäre es ein Baukasten, kaschierte Wandvorsprünge durch Stauraum-Einbauten. Sie wiederholte Farben und Materialien in der Wohnung, ließ ein warmes Weiß auf Stein, Schwarz und Edelstahl treffen und zauberte somit Weite und Licht. Eben jenes klassische Lebensgefühl des Berliner Altbaus, das sich die Bauherren wünschten. Dabei arbeitet sie mit Plänen, die aussehen, als hätte sich das gut gestaltete Layout eines Magazins in die eigene Bauplanung verirrt. Exakte Farben, Collagen, eigenes Möbeldesign, Farbvorschläge und Fotographie – eben jener interdisziplinäre Mix, für den ihre Arbeit steht, so exakt verbunden, dass daraus nicht nur ein Wohnkonzept, sondern ein großer Wurf entsteht.

„Eine Wohnung ist quasi wie ein Setzkasten für das Leben, das dort stattfinden soll“, findet die Designerin. So beherrscht sie die Balance zwischen exakt und zeitlos, aber eben nicht langweilig. Ob für Wohnungen oder Möbelentwürfe wie den F51, den sie für Tecta neu auflegte. Mit Farben und dänischen Stoffen, die dem voluminösen Polster und der kubischen Tragekonstruktion einen poetischen Schwung verleihen, der auch Walter Gropius Spaß gemacht hätte.

Denn darum geht’s: Lebensfreude! Ob ein sonnengelber F51, leuchtende Stoffe mit einer Haptik, die zum Anfassen einladen. „Mit verschiedenen Elementen ein Ganzes schaffen“, wie Katrin Greiling sagt – mit einem Sessel oder einer Wohnung. Weich, hart, laut oder leise: eine Gestalterin, die die gesamte Klaviatur beherrscht. Von Groß nach Klein oder umgekehrt.